Die Kaiserin der Herzen und der Moden

Auguste Viktoria - die letzte deutsche Kaiserin - ein Leben in 4 Modeepochen

Es scheint fast als wäre die letzte deutsche Kaiserin  aus unserem Bewusstsein  verschwunden und  in Vergessenheit geraten ( geboren am 22.Oktober 1858 auf dem Gut Dolzig im Kreis Sommerfeld, heute Polen, gestorben am 11. April 1921 in Haus Doorn , Niederlande)

Hier im  Ruhrgebiet fällt ihr Name hin und wieder im Bezug zur kürzlich geschlossenen Zeche Auguste Viktoria in Marl , im Berliner Raum ist sie aufgrund ihres christlichen Engagements noch als Kirchenjuste im Volksmund lebendig .

 

Abgesehen von ihrer Rolle in  Politik , Familie und Gesellschaft des Kaiserreichs war Auguste Viktoria oder Dona wie sie im Familienkreis genannt wurde, eine Mode -und Stil Ikone ihrer Zeit .

Sie erlebte und prägte die Mode zwischen 1860-1920.

Dieser kulturell höchst interessante Zeitraum beeinhaltet ganze  4 bzw. 5 verschiedene Modestile . Angefangen bei der behäbigen spätbiedermeierlichen Krinoline, zur koketten Tournürenmode mit dem Cul de Paris, der lebensfrohen Mode der Belle Epoque mit ausladenden Keulenärmeln, dem schmeichelhaften  fließenden Jugendstil , bis  schlußendlich die ganze Pracht mit dem 1. Weltkrieg in Not und Sachlichkeit unterging .

Doch die revolutionäre Mode der Roaring 20s , unvorstellbar für eine Frau ihres Alters und Standes , mit  kurzen Röcken  und Haartrachten hat Auguste Viktoria nicht mehr wirklich  miterlebt.

 

Auguste Viktoria war groß und hochgewachsen, hatte einen angeborenene aristokratischen Habitus , somit also die besten Vorraussetzungen um selbtsbewusst repräsentieren zu können. 

Sie legte großen Wert darauf nach der neusten Mode gekleidet zu sein. Im Berliner Stadtschloß wurde extra ein Schneideratelier eingerichtet , in dem 10-12 Schneiderinnen tätig waren. Dort wurden Haus- und Promedanen Kleider unter der Aufsicht einer Garderobefau und einer Kammerfrau angefertigt .Sowie Änderungen an der bestehenden Kleidung vorgenommen.

Für die Wäsche der Kaiserin wurden zwei Weißzeugkammern im Obergeschoss des Schloßes eingerichtet, eine Weißzeugbewahrerin und eine Weißzeuggehilfin kontrollierten alle Stücke , sortierten fehlerhafte Teile aus und versahen sie mit dem Monogramm AV sowie der Kaiserinnenkrone

Für eine Saison oder ein festliches Event wurden 12-15 neue Roben gefertigt, ein Modell kostete etwa 1000 Reichsmark.

Die großen Staatsroben und Galakleider wurden allerdings in externen Ateliers angefertigt.

Das beauftragte Atelier hatte eine passgenaue Figurine herstellen lassen, an dieser wurden die Anproben vorgenommen. Stoffproben und farbige Kostümskizzen wurden der Kaiserin persönlich vorgelegt. Alle anderen Modeartikel wie Hüte , Handschuhe und Schuhe wurden auch  zur Ansicht in das  Schloß geschickt.

Die Kleider die nicht mehr von der Kaiserin getragen wurden, erhielt die Kammerfrau , die sie entweder selbst verwendete oder verkaufte. In Berlin gab es extra Spezialgeschäfte für kaiserliche Second Hand Ware.

 

Hier eine Fotografie von Prinzessin Viktoria Auguste zu Schleswig - Holstein ( re.) und ihrer Schwester Carolina Mathilde  Anfang der 1870 er Jahre. 

Offene Haare mit Schleifen waren eine jahrzehntelange beliebte Frisur der " Backfisch" Zeit.

In der Mode vollzieht sich gerade der Wechsel in der Stoffülle des Rocks-  von der kuppelförmigen Krinoline zur nach hinten ausladenden Tournüre .  Die Samthalsbänder mit ihren Medaillions erzeugen einen interessanten Kontrast zu den hellen Kleidern.

Heinrich von Angeli, Portrait aus der Verlobungszeit Auguste Viktorias 1880.Hier trägt sie eine  typische Abendrobe der Gründerzeit  . Die Stofffülle des Rocks wird über ein Gestell oder Kissen am Gesäß drapiert( Culd de Paris ) . Das schulterfreie Oberteil umschließtt eng die Hüften . ( "Kürass" Mode ) Die Rosen auf dem Kleid der zukünftigen Schwiegertochter hat die damalige Kronprinzessin Victoria ( eine begabte Hobby Künstlerin) eigenhändig gemalt .

 

Kaiserin Auguste Viktoria in den 1890 er Jahren - die ausladenden Keulen bzw. Schinkenärmel der Kostümjacke betonen die schmale Taille. Das Promenadenkostüm aus Wollstoff ist dekorativ mit Posamenten besetzt. Noch sind die Hüte klein und dezent ausgeputzt.

Ab den 1900 Jahren trug Auguste Viktoria die sogenannte Ballonfrisur, die zu ihrem Markenzeichen wurde.

Diese Frisur wurde in breiten Schichten der Bevölkerung populär und zig fach nachgeahmt.

Um den perfekten Look zu erlangen wurde das lange Haar in eine Marcel Welle gelegt , ausgekämmt und über eine Unterlage nach oben drapiert , das restliche Haar wurde zu einem Knoten verschlungen oder geflochten und in der Mitte des "Haarnestes" festgesteckt.  Diesem Haarstl blieb sie bis zu ihrem Tode treu .

Diese imposante Haartracht wurdedem Modegeschmack der Zeit entsprechend , mit einem sehr großen Hut , der wiederum üppigst mit Straußenfedern ausgeschmückt war gekrönt . So blieb sie bei öffentlichen Auftritten garantiert weithin sichtbar für das staunende Volk !

Die Kaiserin besaß eine umfangreiche Juwelensammlung. Berühmt waren das Sancy Collier , mit dem 35 Karat Brillianten Beau Sancy als Pendeloque Anhänger, das Kleeblattdiadem und ihre oft und besonders gerne getragenen Perlenschnüre.

Hier auf der colorierten Fotografie von 1913 trägt sie die prächtige Brilliant Topas Parure.

Quellen: Pinterest, Wikipedia , private Sammlung , Auguste Victoria : Portrait einer Kaiserin , Buch von J. Kirschstein 2021